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Mein Vater gab jede Woche ein Konzert ....                                                               



.... im ungarischen Radio. Eines Nachmittags um fünf Uhr war eine Sendung. Als erstes Stück war „Einzug der Gäste“ aus dem Tannhäuser angesetzt. Ich werde es nie vergessen, ich sehe die Situation vor meinem geistigen Auge als würde sie sich im Moment abspielen: Das Orchester sitzt schon da und stimmt ein. Es ist zehn vor 5Uhr, dann acht vor 5. Und mein Vater ist, ganz gegen seine Gewohnheit, nicht zu sehen. Da kommt der Rangälteste zu mir – ich bin ja als kleiner Knabe oft da gewesen, fast das ganze Orchester hat mich geduzt – und sagt: „Hör’ einmal, das Konzert muss beginnen. Bist du bereit, für deinen Vater zu dirigieren?“

Ich habe natürlich begeistert zugestimmt. Der Ansager vom Radio war sehr diplomatisch und hat gesagt: „Jetzt folgt ein Konzert des Orchester des 1. Infanterieregimentes unter dem Dirigenten Fricsay.“ Den Vornamen hat er unterschlagen.

Ich habe schön mit den Trompeten-Fanfaren und dem Marsch aus dem Tannhäuser angefangen. In der Mitte des Stückes öffnet sich die Türe, und ich sehe vor mir meinen Vater, wie er in seiner Offizierspelerine versteinert stehen bleibt und sieht, dass sein Sohn an seiner Stelle dirigiert. Ab dem nächsten Stück hat er natürlich selber dirigiert.

Nach dem Konzert fragte er plötzlich aus heiterem Himmel: „Wie kommst du auf den Gedanken an meiner Stelle zu dirigieren?“ „Vater, ich wollte irgendwie die Situation retten. Ausserdem hat mich der Rangälteste des Orchesters dazu ermuntert, und so habe ich das gemacht.“ Darauf blickte mein Vater mir tief in die Augen und schwieg eine Weile. Ich fühlte mich sehr unwohl. Dann sagte er: „Übrigens, es war gar nicht schlecht.“

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